Vogelwelt

Nesthocker, Nestflüchter & Platzhocker

shutterstock_615175202.jpg

Heutzutage sind weltweit fast 11.000 verschiedene Vogelarten bekannt. Die Bedürfnisse und das Verhalten der einzelnen Arten weichen jedoch durch ihre unterschiedlichen Lebensräume und Voraussetzungen teilweise stark voneinander ab, insbesondere auch in Bezug auf die Brutpflege und das Verhalten der jungen Vögel nach dem Schlüpfen. Mit der Zeit haben sich allerdings artübergreifende Grundtendenzen bei der Pflege der Jungvögel und deren Verhalten entwickelt, die sich als vorteilhaft und sicher erwiesen haben, um die Jungvögel optimal vor Fressfeinden schützen zu können.

Die Jungvögel aller Vogelarten lassen sich dadurch grob in 3 Gruppen einteilen: Nesthocker, Nestflüchter und Platzhocker.

Nesthocker

Als Nesthocker werden Jungvögel bezeichnet, welche sehr stark an das Nest bzw. den Ort des Schlüpfens gebunden sind und wortwörtlich darin hocken bleiben. Fast alle Jungvögel unter den Nesthockern sind zum Schlüpfzeitpunkt noch nackt, blind und taub, sodass sie zum Überleben vollständig auf die Elterntiere angewiesen sind. Diese müssen die hilflosen und zerbrechlichen Jungtiere nahezu ständig wärmen und füttern. In der ersten Lebensphase sind Nesthocker außerhalb des Nestes nicht überlebensfähig.

Sobald die Augen und Ohren voll entwickelt und das Gefieder vollständig ausgebildet ist, verlassen die Jungtiere das Nest und lernen sich selbstständig zu ernähren und zu fliegen. Zu diesem Zeitpunkt müssen sie allerdings noch weiterhin von den Elterntieren mit Nahrung versorgt werden. In dieser Phase sind die Jungtiere besonders gefährdet, da sie mit ihren Rufen nach den Eltern auch Fressfeinde anlocken und bei Gefahr an Ort und Stelle verharren, anstatt zu fliehen.

Zu den Nesthockern gehören beispielsweise Störche, Tauben, Greifvögel, Segler, Spechte und alle Singvogelarten.

Nestflüchter

Das komplette Gegenteil zu den Nesthockern stellen die Nestflüchter dar. Die Jungtiere verlassen in der Regel unter der Aufsicht der Elterntiere das Nest unmittelbar bzw. nur 1 oder 2 Tage nach dem Schlüpfen, flüchten regelrecht aus diesem und kehren meist auch nicht mehr dorthin zurück. Dies ist nur möglich, weil Nestflüchter nach dem Schlüpfen bereits komplett befiedert sind und bereits sehen sowie hören können. Dadurch können sie sich bis zu einem gewissen Grad schon selbst warmhalten. Außerdem können sie sofort laufen, Wasservögel auch schwimmen. In den ersten Tagen werden Nestflüchter von den Eltern noch zusätzlich gewärmt, aber vor allem auch vor Fressfeinden beschützt. Die meisten Nestflüchter können sofort selbst Nahrung aufnehmen, denn das Wissen um geeignetes Futter ist größtenteils angeboren. Das Gefieder der Jungvögel unterscheidet sich meist stark von dem der Elterntiere.

Zur Gruppe der Nestflüchter zählen unter anderem Schwäne, Enten, Gänse und Kraniche.

Platzhocker

Die Gruppe der Platzhocker ist ähnlich zu Nesthockern, sie sind allerdings nicht an das Nest, sondern an die Umgebung hiervon bzw. den Platz gebunden, an welchem sie geboren wurden. Platzhocker entfernen sich maximal ein paar Meter von diesem Platz und halten sich also im und um das Nest herum auf. Zwar sind sie beim Schlüpfen bereits mit Daunen befiedert, können hören und sehen, manche auch sofort laufen, allerdings sind sie in der Wachstumsphase trotzdem noch von den Elterntieren abhängig und müssen regelmäßig gefüttert und gewärmt (sog. Hudern) werden. Fliegen können Platzhocker zu Beginn noch nicht und sie werden auch erst richtig selbstständig, sobald sie das Fliegen gelernt haben.

Die Jungtiere von Möwen und Seeschwalben gehören beispielsweise zur Gruppe der Platzhocker.

Egal ob Nesthocker, Platzhocker oder Nestflüchter, bei allen sind die Elterntiere mit dem Füttern, Wärmen und Beschützen beschäftigt, bis die Jungtiere vollständig flügge werden. In dieser Zeit sind sie deshalb auch besonders schreckhaft.